Tagebücher
Die Tagebucheinträge sind nach der Gesamtzahl der Sitzungen beider Gruppen strukturiert. Jedes Buch erzählt eine durchgehende Geschichte aus der jeweiligen Sichtweise des Charakters, der es geschrieben hat.
Gemeinsam ergeben diese Bücher die Zusammenfassung aller Ereignisse der Kampagne.
Sitzung 120
So richtig wich mein Ärger und die Enttäuschung nicht, was den bevorstehenden Besuch in den Points kaum angenehmer gestaltete. So teleportiert ich ohne moralische Stütze hinfort und landete direkt in der nächsten Überraschung. Der Wächter wurde ausgetauscht gegen giftige Stacheln, in denen jeder landete, der diese Form des Transportes wählte. Das Gift schien nicht sehr potent, meine Schuhsohlen waren aber nun ebenso löchrig wie meine Stimmung.
Es wunderte mich, dass ich unbehelligt durch diese Gegend schreiten konnte. In der Siedlung scherte sich niemand um mich und so war der Weg zur Wohnstätte von Maddoc erstaunlich ruhig. Was direkt verflog, als ich ansetzte zu klopfen. Durch die Tür waren sehr eindeutige Geräusche zu hören, was ein Anlass war noch etwas zu warten. Nach einem deutlich geringeren Zeitraum als angenommen kehrte Stille ein. Nun war es Zeit mich bemerkbar zu machen. Einmal tief durchatmend setzte ich erneut zum Klopfen an.
Als direkte Konsequenz ertönt eine Stimme über mir. Mutter stand nur in einer Decke gekleidet und mit einer Zigarre im Mund auf einem Austritt. Diesen Anblick brauchte es wahrlich nicht. Nach einer ersten Überraschung über meine Anwesenheit bat sie mich hinauf.
Ich schilderte kurz, dass ich mit Maddoc reden müsste. Sie zeigte sich aber enttäuscht darüber, dass ich keine Blumen mitgebracht hatte. Das war dieselbe Frau, die mich bei unserer ersten Begegnung beinahe umbrachte. Meine Laune war an einem Tiefpunkt und sie förderte, wie zu erwarten, keine positive Veränderung. Ausgehend von der Art, wie sie sich gab und mit mir sprach hätte ein jeder der anderen sicher direkt irgendwelche Sprüche gedrückt. So gesehen war es also vielleicht zum Besseren gewesen alleine zu kommen.
Auf keinen Fall wollte ich hier länger bleiben, als ich musste. Und es galt ein Ziel zu erreichen. Schließlich lag Arina’s Leben in unserer Hand. Daher nahm ich alles an Selbstbeherrschung zusammen, das mir geblieben war, schluckte jede Form von Stolz herunter und bedeutete meiner „Mutter“, dass ich in ihrem Namen zwar keine Blumen, dafür ein Tattoo gestochen hätte. Dies erfüllte seinen Zweck. Für dieses Mal war sie gebändigt und sorgte für ein Treffen mit Maddoc.
Dieser zeigte sich mir etwas zu freizügig, war aber zumindest gesprächsbereit. Es gab ein typisches hin und her, bis wir uns einigen konnten, was getan werden sollte. Kurzerhand schloss ich einen Deal mit ihm, der dafür Sorge trug Arina näher an unser Ziel zu geleiten – inklusive einer vorherigen Unterkunftsphase. Nicht zuletzt holte ich aber noch einen nicht weiter definierten Gefallen für später heraus. Überzeugt hatte ich Maddoc dazu, indem ich ihm anbot seine Beine wiederherzustellen. Auch wenn er zunächst skeptisch war.
Er machte auch noch klar, dass er es angenehm fände, wenn wir ihm Honigkekse aus Sylvanar mitbrächten und Mutter schwarze Blumen.
Was das Thema der Verteidigung gegen den Roten anging, so war der Pirat kaum interessiert. Aber als er hörte, dass es womöglich Gold als Ausgleich geben könnte schien er eine höhere Bereitschaft zu zeigen. Es musste sich aber erst noch erweisen, was Posetine bereit war zu zahlen. Und inwieweit Piraten mit Schiffen für uns überhaupt hilfreich waren. Aus meiner Sicht vermochten sie zumindest zu kämpfen und brachten gegebenenfalls Schiffswaffen mit.
Da ich schon einmal hier war befragte ich Maddoc auch zu meinem zweiten Tattoo. Scheinbar wurden die Nachrichten konstant besser und besser …
Dieses war ein Zeichen für die Malstrom Guard, also für Sycora’s persönliche Leibgarde. Sich unrechtmäßig damit zu schmücken war wohl keine gute Idee. Ich wunderte mich was ein alternativer Ralkarion wohl mit denen zu schaffen hatte. In jedem Fall aber hatten die Piraten schon ab und an mit ihr zu tun.
Meine Aufgabe hier war erledigt. Zurück bei den anderen konnte ich zumindest die Erfolge kundtun. Mehr mussten sie auch nicht wissen.
Kurzerhand verwahrten wir die Forschungsbücher im Bad of Holding, bevor ich Arina dann zu ihrer kurzzeitigen Bleibe in den Points brachte. Nun blieben uns vier Tage, bevor wir Harkis in Zoica treffen würden. Wobei wir den ersten Tag sinnvoll mit Rumsitzen verbrachten. Mal auszuspannen war aber keine schlechte Sache. Wobei wir eigentlich nur unsere Kräfte sammelten, um als nächstes einmal in Scourgefaust vorbeizuschauen. Die Kunde, dass die Feste leer sein sollte beunruhigte uns. Nach einer erholsamen Nacht brachten wir dann dorthin auf.
Wir landeten wie gehabt im Sanktum. Niemand war hier anzutreffen. Dann entdecken wir, dass das Tor nach draußen von innen verriegelt worden war. Es dauerte einen Augenblick den scheinbar magischen Aspekt der Verriegelung zu lösen. Wir schauten uns in den Gebäuden um und entdeckten, dass nichts geplündert worden war. Lediglich ein zu erwartendes Gebetbuch fehlte, das aber wohl mitgenommen worden war. Dann fiel uns ein Schreiben in die Hand, welches auf den erlebten Feldzug Bezug nahm. Es war davon auszugehen, dass die Hextor wohl bald wiederkommen würden.
Wir versetzten Ales wieder in seinen Urzustand und verließen Scourgefaust in Richtung Zoica.
Es kam die Idee auf mit Marco über Mocny zu sprechen. Schließlich war Loganar sehr deutlich darin, dass wir uns vorzubereiten hätten, wenn wir den Weg durch die Anomalien bewältigen wollten. Ava hatte recht schnell dafür gesorgt, dass wir uns mit Marco trafen. Er fand es lustig in meiner Gestalt aufzutauchen, mir entlockte es nicht mehr als ein Gähnen. Nach einem Besuch bei meiner Mutter war Marco zu ertragen wirklich keine Herausforderung mehr.
Je mehr wir ihn jedoch zu seiner alten Heimat befragten, desto zorniger und irrationaler wurde er. Es wurde aber deutlich, dass er es scheinbar vermieden hatte sich mit dem was dort geschehen war im Nachgang näher auseinanderzusetzen. Nicht zuletzt, weil er nie über das Ereignis hinweggekommen war. Emotional riss ihn das ganze so mit, dass er nicht nur zu hyperventilierten begann, sondern uns auch anbrüllte und schließlich das Gespräch jäh beendete. Es hatte keinesfalls geholfen, dass Ava wenig Empathie zeigte. Ich mochte zu Marco stehen wie ich eben stand, aber ich sah den Schrecken in seinen Augen und konnte diesen anerkennen.
Da wir weiterhin ohne Idee waren Mocny lebend zu durchqueren kam uns zuletzt noch Chrylax in den Sinn. Doch es zeigte sich schnell, dass dieser keinen Schimmer von Mocny hatte. Erwähnte aber, dass es ja helfen könnte mit Arcalis zu reden. Hatte die Holzkohlefackel vergessen, dass dieser tot war? Wobei uns dies doch auf eine Idee brachte.
Eventuell könnte Amastacia in diesem Bezug nützlich sein. Und sowieso hatten wir noch das Thema it Garret und seinem Meister zu klären. Zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen hörte sich gut an.
Ich teleportiert uns zu Bolg’Mors’s Höhle. Hatte wir uns nie die Zeit genommen den Rau genauer anzuschauen? Es war eigenartig. Wie wir in der geheimen Kammer standen schien es, als wären wir auf der Spitze eines hohen Berges und blickten in die Ferne. Die Wände gaben ein interessantes Bild wider. Aber keiner von uns hatte die blasseste Ahnung wo sich dieser Berg befinden könnte. Eventuell war es aber ein Hinweis darauf, wo diese Magier hin verschwunden waren?
Wir reisten einen Tag bis zu Amastacia. Auf dem Weg nach Boulderbane begegneten wir erneut Steve. Er sah wie gehabt erschreckend hässlich aus. Unsere anfänglichen Kommunikationsversuche mit ihm waren etwas schwierig und er wirkte etwas unzufrieden – wenn man dies bei seinem Gesicht denn zu ermitteln fähig war. Garret gelang es die gräulichen Geräusche von Steve zu übersetzen. Scheinbar war er in eine Sinnkrise gestürzt. Den ganzen Tag nur hier stehen und Leute abschrecken war dann sogar für das Gemüt einer Monstrosität irgendwann zu viel und zu einsam.
Wir hatten Mitleid und versuchten ihn zu ermutigen und etwas aufzubauen. Dies schien ganz gut zu gelingen. Auch wenn Ava sich erneut negativ eingestellt zeigte. Sich um die Belange der Wesen zu kümmern, denen wir begegneten war aus ihrer Sicht konstant Zeitverschwendung. Doch wenn wir nichtmal das Leben einer Person zu verbessern vermochten, wie glaubten wir es dann durch unser größeres Vorhaben zu können?
Zumal man mit ihrer Art sicher keine Alliierten gewinnen würde. Bei der Sicht auf das „große Ganze“, wie sie es stets betonte, hatte sie doch unlängst den Überblick verloren. Ein Einzelner vermochte den Lauf der Geschichte ändern zu können. Wer weiß wer zu welchem Zeitpunkt was dazu beitragen konnte am Ende einen positiven Einfluss auf unsere Sache haben zu können.
Amastacia’s Heim war von innen immer noch deutlich angenehmer, als von außen. Ihre „Zofe“ begrüßte uns und verhätschelte uns wie eine überfürsorgliche Mutter. Scheinbar war Amastacia gerade noch ein Nickerchen machen. Garret und ich hatten zuvor kein Sterbenswort gesagt. Krathus und Ava waren völlig ahnungslos was es mit der Guten auf sich hatte. Ein verdienter Spaß.
Ava war genervt keine brauchbaren Antworten auf ihre Fragen zu bekommen, während Krathus mit Essen und Trinken versorgt wurde uns sich schließlich auch an die Katze auf seinem Schoß gewöhnte. Obgleich wir ihn zu Anfang abhalten mussten die Katzen zu ärgern oder zu essen. Auch ich ließ es mir gutgehen und trank ohne Zurückhaltung. Seit den Points hatte das stark zugenommen. Musste ja auch mit einigem klarkommen und konnte mich in der Gruppe kaum über Rückhalt freuen.
Als das Kätzchen Amastacia schließlich wach wurde übernahm sie ihre kleine Puppe. Sehr zur Überraschung von Krathus und Ava. Und tatsächlich bekamen wir einige Antworten. In Mocny würden verschiedene Realitäten aufeinanderprallen. Zog man durch das Land, so könnte es sein, dass man sich plötzlich in eine solche reingelegt ohne es zu merken. Oder schlimmer sie für angenehmer empfand, als die aus der man stammte. Dies hatte weitreichende Konsequenzen, nicht zuletzt darin, dort quasi verloren zu gehen. Sie beschrieb die Anomalien als real und nicht real zur gleichen Zeit. Und unsere innersten Gefühle und Motivationen konnten ohne einen brauchbaren „Anker“ in dieser Realität schnell zu einem Problem werden.
Ava machte während dieser Ausführungen ein eher kritisches Gesicht. Etwas beschäftigte sie diesbezüglich. Zuletzt offenbarte sie uns, dass sie keine Ahnung habe, was sie nach der Erfüllung unserer Aufgabe tun wollen würde. Nichts schien sie anzuziehen, sie wirkte zu dem Zeitpunkt etwas verloren. Bevor wir Mocny durchqueren würden, nahm ich mir vor das einmal anzusprechen.
Dann kamen wir auf das Thema mit Arcalis sprechen zu wollen. Amastacia zeigte sich davon sehr angetan. Ihr schienen schon unglaublich viele Dinge durch den kopf zu schießen, was sie mit ihm besprechen wollte. Wir machten aber klar, dass unsere Fragen Priorität hätten und sie ihre im Zweifel noch später stellen könnte.
Es galt nur sie und die Überreste des Drachen zueinander zu bringen. Laut Ava’s Freundin war es wahrscheinlich, dass Arcalis Leichnam im Fubamizi lag. Wenn Zofra dorthin unterwegs gewesen war, dann könnten wir eine Verbündete vor Ort haben, die uns helfen würde. Andernfalls müssten wir uns auf eine unangenehme Situation mit einem Drachen namens Tundra einstellen.
Ich schlug vor, dass wir vor Ort einen Teleportzirkel einrichten und Amastacia dann abholen wollen würden. Das schien soweit anklang zu finden.
Blieb nur noch Garret übrig. Es galt einen Körper für den potentiellen Transfer der Seele seines Meisters aufzutun. In Anbetracht dazu, dass wir Amastacia ermöglichen könnten mit Arcalis zu sprechen, war Bezahlung überflüssig.
Es gab nun zwei Optionen an einen Körper zu gelangen. Entweder wir fanden den Gnom namens Pan wieder, der verschollen zu sein schien und welcher uns mit so etwas aushelfen konnte, oder wir fanden etwas anderes brauchbares. Da in der Tat unsere Zeit begrenzt und völlig ungesichert war wie lange wir brauchen würden den Gnom aufzufinden, schlug ich kurzerhand vor schlicht die Knochen aus der Grabstätte des Fubamizi zu nehmen. Am Ende würde ein Drachengeborener wiederbelebt in einem Drachenskelett eine gewisse Art der Poesie darstellen, oder nicht?
Im Zuge weiterer Überlegungen kamen wir auch noch einmal auf das Thema mit Ungol in Kontakt treten zu wollen. Und dies war auch etwas, dass Amastacia sichtlich freute, wenn sie die Gelegenheit dazu bekam. Eventuell könnten uns dabei die Kommunikationsbücher helfen. Wenn wir ein Paar vorbereiteten und eines davon an die Spinne entsandten, dann wäre es vermutlich effektiver, als darauf zu hoffen auf telepathischem Wege zu sprechen. Denn zumindest meine Lust war eher gering uns vor Ort vorstellig zu machen.
So endete auch dieser Tag. Amastacia bot uns Zimmer an und wir nahmen dankend an. Auch wenn Ava nun selbst Nachtruhe als Zeitverschwendung begann anzusehen. Ich fand es ermüdend und anstrengend, es konnte ja nicht jeder nur mit ein wenig Rumsitzen und Meditieren voll erholt sein. Zumindest hatte ich meinen Spaß, als sie in ihrem Zimmer Begegnung mit den riesigen Fledermäusen machte. Ein kleiner Schreck zum Abend war belebend und labend.
Sitzung 119
Da standen wir nun versammelt und Ava sprach ohne zu zögern den Namen Loganar’s dreimal in Folge. Ich war kurzzeitig erstarrt. Auch wenn wir dies in Betracht gezogen hatten, so dachte ich nicht, dass Ava ohne weiteres Nachdenken vorprescht. Aus dem kleinen Spiegel blickte uns nun ein großes Auge an.
Der Drache war erstaunlich gesprächig und für seine Art freundlich. Das stimmte mich umso vorsichtiger, obgleich meine anfängliche Sorge in Kürze in einem Schwall Feuer zu verenden mich meine Vorsicht vergessen ließ. So gab ich unfreiwillig Informationen Preis. Ob dies problematisch werden könnte blieb abzuwarten.
Wir erfuhren aber auch so allerlei Dinge. Unter anderem, dass er viel zu viel über uns wusste. Er begründete es damit, dass vieles Extrapolationen aus dem seien ,was er in anderen Realitäten sah – doch ein gewisser Part musste durch Informationen aus dieser Welt stammen. Und ich wunderte mich welcher Part das war und wie er die Informationen erhielt.
Dieser Bugbear namens Gudden, den die anderen bei ihrer Exkursion in eine andere Realität dabei hatten, war wieder zurück. Wie er das geschafft hatte blieb aber zunächst unklar.
Loganar gab sich alle Mühe uns begreiflich zu machen, dass er zum Wohle des Landes handelte. Er wollte den Plan seines Vaters verhindern, da dieser das Land in Feuer und Asche hüllen würde. Und dies sei für niemanden nützlich. Würden wir erfolgreich sein, würde die Magie verweilen und die Nexi ebenso. Mich ließ diese Aussage stutzen.
Zuvor erwähnte er, dass er als Beschützer eines Nexus seinen Platz nicht verlassen könnte. Würde er dies tun, so würden bei Shadar alle Alarmglocken klingen. Auch versuchte er zu beschwichtigen, dass er kein Interesse an den Plänen zur Großmacht hätte. Unsere Skepsis war groß. Und mich umgarnte der Gedanke, was wohl nach dem Fall Shadar’s geschehen mochte. Zu jenem Zeitpunkt war Loganar quasi ein Gefangener. Machtvoll, aber beschränkt in dem was ihm zu tun erlaubt war.
Wäre sein Vater weg, so würde diese Beschränkung entfallen. Mit intakten Nexi und einem dauerhaften magischen Zufluss hinderte ihn eigentlich nichts mehr daran im Umkehrschluss doch einen ähnlichen Weg einzuschlagen. War mein Misstrauen einfach zu groß? Vielleicht, aber etwas an der Art seiner Formulierungen störte mich. Es ließ mich aufhorchen und beunruhigte mich. Die Tatsache, dass es dem Zirkel des Kataklysmus scheinbar gelang seinem Blick in allen Welten zu entgehen verstärkte das Gefühl noch weiter. War dies bloß Theater und steckte er mit ihnen unter einer Decke, oder lag dem Ganzen mehr zugrunde? Und wenn sie sich ihm entziehen konnten, dann vielleicht tauch Shadar?
Im Verlauf des Gesprächs kamen wir nicht umhin auch das Heart of Rage zu thematisieren. Der Drache hatte über ein paar interessante Eigenheiten des dortigen Dragonkin Wächters zu berichten. Es handelte sich um einen Schwertkämpfer, der seine Kraft primär durch eine Form des Kampfrausches erhält. Zudem habe er zwei Großwächter in der Hinterhand, die bei Bedarf zur Unterstützung kommen könnten. Es schien, als wäre es gut den Wächter in gewisser Hinsicht zu beruhigen oder in seiner Kanalisierung seiner Kampfeslust zu begrenzen.
Krathus nutzte die Gelegenheit die Option zu erfragen ob er sein Banner am Ethereal Nexus aufladen könnte. Der Ätherische verneinte es nicht kategorisch, aber machte klar, dass in so einem Fall der Rote Verrat riechen würde. Es gab klare Zyklen, in denen die Paladine anreisten. Sei es um Kugeln abzuholen, oder besagte Banner zu laden. Wenn Krathus es aber schaffte sich in eine Delegation zu schummeln, dann wäre sein Vorhaben gegebenenfalls von Erfolg gekrönt. Die nächste Gruppe Kobolde wurde in einem Monat erwartet.
Dann brach Ava schließlich ihr Schweigen zu dem sie eigentlich antreibenden Thema. Sie schilderte die Situation mit Arina, der Blutmagie und den Folgen. Loganar erklärte uns, dass die Blutmagie einen Teil der eigenen Essenz einer Person ersetzte. Dies könnte bis zum Verlust des Selbst führen. Er erklärte uns, dass er fähig wäre dabei zu helfen. Es wäre eine Kleinigkeit für ihn. Nach allem, was ich durchgemacht hatte, war dies eine krasse Aussage.
Das war auch der Moment, wo Krathus stumpf meinen Sachverhalt darlegte. Ich war zwiegespalten, ob ich darüber glücklich sein sollte oder nicht. Es erwies sich für Loganar aber als spannendes Thema. Scheinbar waren die Auswirkungen von Arina’s Ritual und der Verbannung der Blutmagie in meinem Fall ungewöhnlich. Er wollte nunmehr unbedingt die Elfe kennenlernen und sich mit ihr austauschen. Da er ihr zu helfen vermochte, war dies ein Wunsch, der sich automatisch erfüllen würde – sofern wir es schafften sie rechtzeitig zu ihm zu bringen.
Gleichzeitig wurde nun auch klar, was mit mir geschah. Mein Körper war quasi am sterben oder schon tot, doch meine Seele blieb intakt. Die Konsequenz aber war, dass es einen „neuen“ Körper brauchte. Das Ritual führte dazu, dass ich meinen Körper mit einem Ralkarion aus einer anderen Realität tauschte. In meine Bestreben mein Leben zu retten tötete ich aber ein anderes ich auf Raten. Das war viel zu verarbeiten …
Da wir nunmehr schon bei dem Thema der Blutmagie angekommen waren und Loganar noch einmal klarmachte, dass eine Person unter deren Einfluss durch andere zu manipulieren oder gar zu übernehmen sei, konnten wir unser Sorgenkind Garret nicht außen vor lassen. Wollte er seinen Meister retten, müsste dieser extrahiert werden und so bräuchte es natürlich auch einen separaten Körper. Der Drache sah sich durchaus imstande dies zu tun. Wir hätten verschiedene Optionen, um an einen brauchbaren Körper zu gelangen. Im Sludge Basin gab es scheinbar Golemkörper und dann war da noch Amastacia, mit ihren „Eigenkreationen“.
Wobei auch erwähnt worden war, dass es immer eine Frage ist wieviel der eigenen Essenz von der Blutmagie übernommen wurde. In diesem Fall also wieviel Prozent von Garret durch seinen Meister ersetzt worden war. Mir schien, als ob es da noch offene Fragen zu beantworten gäbe, bevor eine Extraktion stattfinden könnte.
Loganar gab zudem seine Gedanken zu dem Pakt mit den Yuan-ti preis. Laut dem was er bisher gesehen habe, brachen die Yuan-ti zum überwiegenden Teil ihren Pakt mit uns. Das war nicht ermutigend, aber auch nicht überraschend. Und damit endete dann unsere „Audienz“. Er schloss mit einer Warnung uns gut vorzubereiten, bevor wir uns zu ihm auf den Weg machen würden. Die ganze ehemalige Mocny Region war eine einzige Todesfalle und ohne entsprechende Vorbereitung kämen wir nicht weit.
Mir schwirrten die ersten Gedanken im Kopf, wie wir Arina sicher zu ihm bringen konnten. Und keiner gefiel mir. Ohne weitere Zeit zu verschwenden brachen wir aber sofort auf, um Arina einzuholen. Sie war noch nicht weit gekommen und so hatten wir die Gelegenheit uns kurz darauf erneut im Gebiet der ehemaligen Sshistana zusammenzusetzen.
Ava’s Verhalten war zuletzt anstrengend gewesen, aber ich verstand, dass sie sich um Arina sorgte. Auch wenn sie es nicht immer zuließ diesen Gefühlen nachzugeben. Etwas, dass ich für kein gutes Zeichen hielt, da es sie innerlich zerriss. Und wenn die Erfahrungen der Vergangenheit eines besonders gezeigt hatten, dann war es wie unangenehm eine „kaputte“ Ava war.
Arina war nachvollziehbar ungläubig über die plötzliche Mitteilung einer potentiellen Lösung für ihr Problem. Es war kaum eine Stunde vergangen seit wir uns eigentlich verabschiedet hatten. Sie haderte auch damit die Yuan-ti etwaig im Stich zu lassen, nur um sich selbst zu helfen. Schließlich bräuchte das ganze Volk Hilfe und daher war es so wichtig die Forschung zurückzubringen. Wir versicherten ihr, dass es nur aufgeschoben wäre und die Forschung zwischenzeitlich sicher verwahrt würde.
Blieb nur noch die Frage offen, wie sie zu Loganar gelangen sollte. Zeit war ein Problem. Ihre lief kontinuierlich ab und auch der Drache vermochte nicht vorauszusagen wie lange sie ohne Behandlung durchhalten konnte. Eine Reise nach und durch Mocny würde aber sicher länger als vier Tage dauern. Das war unser Zeitlimit bis zum Treffen mit Harkis und dem Weg zum Heart of Rage. Plus was immer wir an Reisezeit dorthin benötigen würden. Eine Bredouille, die sich im stetig irrationaler werdenden Verhalten Ava’s manifestierte. Plötzlich schlug sie vor Arina alleine loszuschicken und das im Zweifel sofort. Dabei ignorierte sie alle Warnungen, die kurz zuvor von Loganar ausgesprochen worden waren.
Sinnvoll war es, dass sie auf unsere Rückkehr vorbereitet sein sollte und am Besten an einem Ort, wo wir sie einfach nur noch aufsammelten und der bereits nahgelegen zu unserem Ziel war. Doch sie allein vorzuschicken war ein Todesurteil. Wieso sah Ava das nicht? Vermutlich, da ich es ihr sagte. Denn in letzter Zeit war nichts was ich sagte gut genug in ihren spitzohrigen Gehörgängen. Etwas, dass sich zunehmend als Problem für mich erwies.
Bisher war unser einziger Ansatzpunkt sie zur Höhle von Bolg’Mor östlich von Kettlehall Summer zu teleportieren und dort warten zu lassen. Aber mir kam noch ein Ansatz. Doch er gefiel mir nicht. Über die Points hätten wir die Option via Schiff schneller und näher an unseren Zielort zu gelangen – sofern meine „Familie“ überzeugt werden konnte uns zu helfen. Was sicher seinen eigenen Preis hätte.
Bevor ich dies aber vorschlug wollte ich es zunächst einmal privat mit Ava durchsprechen. Emotional war es kompliziert für mich und davon abgesehen mochten weitere Unwegsamkeiten bevorstehen, die noch nicht abzusehen waren. Es war notwendig erst einmal zu klären was machbar war und ob dieser Weg überhaupt in Frage käme. Und wenn ja und dieser Plan genommen würde, so war es für mich das Wichtigste, dass ich bei der ganzen Sache jemanden an meiner Seite wüsste auf den ich mich hundertprozentig verlassen konnte. Im Nachgang betrachtet hätte ich wohl besser jeden fragen sollen, nur nicht sie.
Kaum nahm ich sie beiseite, da guckte sie mich bereits mit diesem Ausdruck in den Augen an … Es hätte mir eine Warnung sein sollen. Ich kam gar nicht dazu mein eigentliches Anliegen anzusprechen, da posaunte sie schon lauthals in genervter Stimme hervor, dass es ja wohl Arina’s Entscheidung wäre, welchen Weg sie einschlagen wollte. Wobei sie keinen Hehl um das soeben Vorgetragene machte. So ließ sie mich damit zurück, dass ich nunmehr keine Wahl mehr in dieser Sache hatte. Sie zwang mir auf, dass dies nun final eine Option war. Und wenn Arina dies wollte, so hätte ich mitzuspielen – völlig egal was ich davon hielt, oder was es kosten würde.
Zumal sich mir die Frage stellte, wie Arina eine Entscheidung treffen sollte. Sie kannte die Regionen nicht einmal. Wir mussten Optionen durchsprechen und schauen, welcher Weg der potentiell Sicherste war. Aber in ihrer grenzenlosen Weisheit ließ Ava lediglich ihren Anti-Ralkarion-Hammer schwingen.
Denn laut ihr hatte jeder selbst die Wahl was er tat … außer dem nervigen Tiefling. Ich kochte vor Wut. Und ich fluchte ob meiner Dummheit ihr mein Vertrauen in dieser Sache schenken zu wollen. Nachdem dieser Weg nun im Raum stand und Arina schließlich mein Leben gerettet hatte, war ein Rückzug unmöglich geworden. Bei allem was mir im Magen quer lag, so hatte ich aber ein Gefühl, als ob dieser Weg zeitlich der kürzeste sein mochte. Und Zeit war das große Problem in dieser Gleichung. Also argumentierte ich auch noch dafür. Je mehr sich dies nun als Wahl manifestierte, desto übler wurde mir.
Da der Teleportzirkel der Points bewacht wurde, würde ich zudem alleine vorgehen müssen. Wenn mich aber jemand begleiten sollte, dann war eines nun ganz klar: Nicht Ava!
Sitzung 118
Nach langer Zeit ging es also mal wieder in Richtung des Lurkers. Ich betrat die Kneipe als letzte, merkte allerdings sofort, dass etwas nicht stimmte. Die Kneipe war gefüllt von in Reihe sitzenden Halblingen, die nach vorne starrten, wo Lurk vor zwei weiteren Halblingen stand, die jeweils mit diversen Innereien besudelt waren und Schwerter auf dem Rücken trugen. Was auf den ersten Blick wie ein okkultes Ritual wirkte, stellte sich auf den zweiten als eine Hochzeit mit sehr… ungewöhnlichen Bräuchen heraus. Doch was durfte ich als Elfe aus Ravengrove schon groß über ungewöhnliche Sitten sagen. Lurk gewann recht schnell die Fassung zurück und tat so, als wäre der Aufsicht geplant und es würde nunmehr zur Unterhaltung der Gäste einen Kampf zwischen Garret und Krathus geben, als Reenactment von Garrets Kampf gegen Cuu. Die Waffen wurden gereicht, Garret bekam einen Besen und Krathus einen… Fisch? Ich setzte mich. Das versprach, gut zu werden. Tatsächlich enttäuschten die beiden nicht, doch war Krathus aufgrund seiner Waffe dermaßen im Nachteil, dass Garret letzten Endes erneut als strahlender Held von Zoica dastand. Ich ertappte mich grinsend bei dem Gedanken, ob der ehemalige First Protector wohl diesmal zu seinen Pflichten stehen und die Hochzeit zu einem guten Ende führen würde. Der Rest des Abends verlief dann wie geplant feucht-fröhlich, auch ich hielt mich nicht zurück. Nicht, dass ich noch auf den Gedanken käme, pflichtbewusst Lia hinterherzujagen. Krathus bekam ebenfalls noch seine eigene kleine Genugtuung an mir, als er lautstark verkündete, dass ich die Zeche für Rachwood zahlen würde. Ich tat ihm den Gefallen - wenn er dadurch wieder versöhnt wäre, war es das mehr als wert.
Am nächsten Morgen hatte Ralkarion, nun wieder ein Tiefling, seine lautstarke Freude daran, unsere Brummschädel zu seinem Vergnügen zu nutzen. Sei es drum, das hatte ich nach meinen Sprüchen durchaus verdient. Wenig überzeugt begannen wir nun mit der Suche nach Lia in ihrem Zimmer. In dem Ralkarion und Razora in der Nacht vorher ihre Beziehung gefeiert hatten. Ich war von den Häusern der Heilung durchaus ekelhafte Krankheiten und Verletzungen gewohnt, doch beim Anblick des Zimmers revoltierte mein Magen dann doch. Nach einer vorsichtigen Inspektion des Zimmers fanden wir keine Hinweise, bis wir unter dem Kissen eine Goldmünze aus Ailamere fanden. Kurios. Wie mochte die dort hingekommen sein? Und warum hatte sie jemand dort positioniert? Als Zeichen? Hinweis? Aber für was?
Nach diesem unerfreulichen Intermezzo stiegen wir in den Keller hinab, um uns dem nächsten zu stellen. Wie eine Wache verriet, hatte Al’Chara eine Audienz bei der Herrscherin der Stadt. Innerlich überlegte ich mir nur halb im Spaß, wie ich es schaffen könnte, Ralkarion so zu positionieren, dass nur er die Brodems der Drachinnen abbekäme, nachdem er ihnen erneut unweigerlich ans Bein pinkeln würde. Ob diese Abneigung der Obrigkeit gegenüber mit seinem Aufwachsen in Ailamere zu tun hatte?
Zwar waren alle in der erwartbaren Laune, unerwartet war jedoch, dass wir beide in ihrer Drachengestalt vorfanden. Was Al’Chara angeht war uns ihr Nablick noch deutlich im Kopf, Posetines Äußeres hingegen überraschte mich enorm. Ja, ein roter Drache, doch von irgendeiner Art obskuren Magie dermaßen vernebelt und verfärbt, dass die Schuppen je nach Blickwinkel eine eher blauschwarze Färbung annahm. Es war nur schwer zu beschreiben. Ebenfalls unerwartet war Posetines (oder sollten wir sie Lady Logoth nennen?) Eröffnung, dass sich ein gewisser Loganaar bei ihr gemeldet hatte. Der Sohn des Roten, den der arme Gudden so sehr verehrt hatte, schlug eine Allianz vor. Aus irgendeinem Grund fragte Posetine uns um Rat, doch waren wir ebenso skeptisch wie sie. War sie ernst gemeint, wäre es enorm hilfreich. Jedoch bestand genausogut die Gefahr, einen Logoth durch einen anderen zu ersetzen. Wir schlugen daher ein Treffen zwischen beiden auf neutralem Boden vor, um sich ausloten zu können.
Immerhin hatte sich Loganaars halborkischer Abgesandter eines unserer Probleme angenommen und Posetine Lias Prinzessinenbuch ausgehändigt. Dieses Buch würde ich wohl überall erkennen. Auch wenn es unangenehme Fragen aufwarf, wie zum Beispiel, wie Loganaar von den Vorfällen des gestrigen Abends wissen konnte, hoffte und fürchtete ich, dass sich die Suche nach Lia damit erübrigt hatte. Und tatsächlich, wenig später entsprang die junge Therion dem Buch, sichtlich verärgert und beschämt über ihre Gefangennahme durch den Abgesandten. Übrigens ein weiteres, beunruhigendes Detail: Wie hatte dieser Abgesandte einen ausgewachsenen Drachen so einfach im Alleingang einfangen können? Damit kehrte auch die Diskussion um den weiteren Umgang mit Lia und Mundi zurück. Ralkarion war der festen Überzeugung, dass man erstmal ohne Lia zu Mundi gehen könne und mit ihm Bedingungen aushandeln könne. Was ich für vollkommen abwegig hielt und darin Unterstützung von Krathus und Garret erhielt. So musste Ralkarion von seiner Position abweichen, Lia auf keinen Fall auszuliefern. Er war also in der Lage, seine Moral im Notfall beiseite zu schieben, immerhin. So konnten wir uns dann dem Thema zuwenden, wie wir Lias erneute Flucht aus Mundis knöcherner Umarmung erleichtern könnten, ohne dass es auf uns zurückfiele. Wir verfielen recht schnell auf die Optionen, einen Teleportzirkel in ihrem Buch einzurichten, sie selbst einen Notfallzauber vorbereiten zu lassen, der sie aus der Dreadspire herausteleportierte oder Chrylax um eine Teleportschriftrolle zu bitten. Um ehrlich zu sein erschien mir nur die erste Option als einigermaßen erfolgsversprechend. Dann kam der wohl drastischste Vorschlag von Lia selbst. Nachdem sie plötzlich um mein Schwert bat, hackte sie sich zu unserem Schreck einen Finger ab und übergab ihn uns. Sollten alle Versuche fehlschlagen, so ihr Plan, würde sie sich umbringen und wir müssten sie mit Hilfe des Fingers wiederbeleben. Schließlich schuldeten die Hextor Garret und Ralkarion noch einen Gefallen, sollte Harkis diesen nicht mittlerweile eingelöst haben, was mir wenig wahrscheinlich erschien. So drastisch der Plan auch war, kam ich nicht umhin, die Kreativität desselben und Lias Opferbereitschaft für ihre Freiheit zu bewundern. Ralkarion hingegen schien es sich von da an in den Kopf gesetzt zu haben, Lia vor Dummheiten zu bewahren. Immer wieder drang er darauf, die Pläne in eine vorgegebene Reihenfolge zu bringen, an die sich Lia halten solle und ihren eigenen am Besten ganz zu vergessen. Was anfangs noch halbwegs verständlich war, wurde im Laufe des Gesprächs zunehmend nervig. Was bildete sich der Kerl eigentlich ein, Lia, die WIR wegen unbedachten Äußerungen an jemanden ausliefern würden, zu dem sie unter keinen Umständen gehen wollte, Vorschriften zu machen? Und warum, weil wir eventuell unsere eigenen Pläne hinten anstellen mussten? Was Mitglieder dieser Gruppe ohnehin immer wieder taten? Dazu schien er zu glauben, dass Lia sich bei erster Gelegenheit umbringen würde und die anderen Pläne nicht in Erwägung ziehen würde. Wer um alles in der Welt würde sich denn bitte umbringen, wenn es Alternativen gab? Für wie bescheuert hielt er Lia? Ich gebe zu, ich war möglicherweise etwas grob in meiner Ausdrucksweise, doch die unterschwellige Arroganz, die Ralkarions Äußerungen zugrunde lag, brachte mich auf die Palme. Letzten Endes entschieden wir, für alle Pläne Vorsorge zu treffen und wenn möglich schon bei der Übergabe so ablenkend zu sein, dass Lia eventuell sofort entkommen könnte.
Während sich also Ralkarion mit Lia ins Buch begab, um den Teleportzirkel aufzustellen, ging ich mit Krathus und Garret auf die Suche nach Chrylax. Nachdem wir an seinem Haus erfuhren, dass er nunmehr in der Akademie lebte, machten wir uns dorthin auf den Weg. Tatsächlich stand er gerade vor einer Gruppe aus Lehrlingen und schwadronierte einmal mehr über den Segen von magieerzeugtem Feuer. Als er Krathus sah, schien er sich sogar besonders zu freuen und ließ uns keine Chance, unser Anliegen schnell abzuhandeln. Stattdessen bat er Krathus zu einer für die Schüler lehrreichen Demonstration nach vorne. Böses ahnend flüchtete ich mich vom Dach der Akademie. Zurecht, denn kurz darauf fegte eine Feuerbrunst über mich hinweg. Als ich wieder nach oben stieg, wirkte Krathus recht angesengt, während Chrylax zufrieden seine Stunde damit beschloss, den Schülern demonstriert zu haben, wie man besonders hartnäckige Gegner mit Feuerbällen ausschalten konnte und sie dann zwang, die Mauer herunterzuspringen. Magier und ihre Lehrmethoden… Das darauf folgende Gespräch ließ unseren Besuch endgültig überflüssig erscheinen, denn Chrylax war nicht in der Lage, eine Teleportschriftrolle herzustellen, so dass wir unverrichteter Dinge zurückkehrten.
Ralkarion und Lia waren erfolgreicher gewesen, jedoch berichtete Ralkarion von einem Wolf, der sich als Trugbild getarnt und sie beobachtet hatte und eine weitere Ailamere-Münze hinterlassen hatte. Ganz offenbar schien der Hinterlasser der Münzen auf Ralkarion aus zu sein. Kombiniert mit seinen körperlichen Veränderungen, die ihn mehr und mehr nach Seemann aussehen ließen, konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dort jemand neues Interesse an ihm geschöpft hatte. Ein Mitglied seiner illustren Familie vielleicht?
Schließlich war die Zeit zum Aufbruch gekommen. Nach Aussage von Garret und Ralkarion war es besser, wenn man Lia dort nicht sah, daher verbarg sie sich unter einem Unsichtbarkeitszauber. Unsere Sorgen waren unbegründet - leider. In Scourgefaust angekommen, stellten wir fest, dass die Festung leergefegt war wie wir wenig später feststellten, galt dies auch für die Stadt? Was war hier nur geschehen? Doch Antworten mussten warten, als uns auffiel, dass Lia auffällig still war. Ein Blick in die ätherische Welt meinerseits bestätigte unsere Vermutung, dass sie sich von uns gelöst hatte und ich verfluchte mich dafür, nicht schon früher daran gedacht zu haben. Glücklicherweise jedoch war sie nicht weit gekommen - sie war zur Ruhestätte Mundos gelaufen und machte uns erneut sehr eindrücklich klar, welchen der beiden Brüder sie bevorzugte. Dennoch kam sie zu unserem Glück ohne weitere Klagen mit und mit einem letzten Teleport ging es nach Dreadspire. Dort erwartete uns ein einzelnes Skelett, dass jedoch unmissverständlich klar machte, dass Mundi gerade nicht verfügbar sein. Er habe einen Feldzug gegen die Yuan-Ti zu führen. Ob wir Faranar dabei helfen würden? Wir könnten hier eh nicht weg, der Bereich sei magisch versiegelt.
Also wieder eingesperrt. Ich kämpfte mit meiner aufsteigenden Panik aufgrunddessen, was mir jedoch nur mäßig gelang. So willigte ich viel zu schnell ein, Mundis Lieutenant Faranar bei der Schlacht zu helfen, als uns das Skelett versicherte, dass es auch Rebellen gegen die Yuan-Ti seien. Ich hasste enge Orte…
Nachdem wir zum Schlachtfeld gebracht worden waren, stellte sich Faranar auf den ersten Blick als unsichtbar heraus. Auf meinen zweiten, speziellen Blick war er ein fetter Zwerg, der gemütlich auf seinem Knochenross saß. Nackt. Ein Anblick, der mich trotz unserer Situation amüsierte. Was stimmte nur mit meinem Humor nicht? Aus der Enge des Dreadspire befreit kamen mir nun Bedenken, doch es half nichts, wir hatten zugesagt, für Mundi Soldaten zu spielen. Jetzt einen Rückzieher zu machen, würde sich mit Sicherheit negativ auf unsere Verhandlungsposition auswirken. So blieb nur zu hoffen, dass es sich tatsächlich um Rebellen handelte und wir sowohl Mundi als auch Sardak einen Gefallen täten, wenn wir gegen sie vorgehen. Davon abgesehen konnte es als ein recht guter Test für unsere Fähigkeit gelten, Zoica zu verteidigen.
In dem Fall wäre Zoica vermutlich verloren. Ein Zauber Ralkarions ließ zwar eine Einheit Bogenschützen des Gegners nicht in die Schlacht eingreifen, doch war er dermaßen darauf bedacht, die Yuan-Ti nur bewusstlos zu schlagen, dass er fast sein eigenes Bataillon verlor. Nicht nur das, er hinderte auch die nachrückenden Untoten daran, in den Kampf einzugreifen und gefährdete damit den Ausgang der Schlacht und die Leben von uns und seinen Soldaten. Krathus und Garret schienen zunächst ihre Abmachung zu erfüllen, verfielen dann jedoch in einen unerklärlichen Kampfrausch, der sie auf einem Skelettriesen reitend die Glorie und Ehre, gegen einen überlegenen Gegner zu triumphieren, über den Erfolg der Schlacht stellen ließ. Was den Skelettriesen unnutzbar machte. Und ich… nun, ich stand weit hinten, praktisch unfähig, etwas am Kampfgeschehen zu ändern außer dem Katapult Anweisungen zu geben, wohin es schießen sollte. Auch wenn wir die Schlacht gewannen, erlitten wir Verluste in einem Ausmaß, die mich um die Verteidiger Zoicas bangen ließ.
Doch immerhin erkaufte es uns endlich die erwünschte Audienz mit Mundi, der inmitten seiner Skelettarmee am Fuße der Dreadspire in einem Zelt wartete. Unser Aussahen versetzte uns immerhin in die glückliche Lage, festzustellen, dass seine Abneigung gegen Blut eine Tatsache war, auch wenn sein Untergebener Bashere ihn so gut wie möglich davon abschirmte. Auch der Rest der Audienz verlief erfolgsversprechend. So sicherte Mundi zu, in Verhandlungen mit seinem Bruder zu treten und auch mit den Yuan-Ti würde er Frieden halten, solange diese nicht ihn oder die Ungol angriffen. Als Zeichen seines guten Willens hatten wir die gefangenen Yuan-Ti zuvor nach Sardak geschickt, damit man dort mit ihnen umgehen würde, wie es den Gesetzen der Sardak entsprach. Und bei alledem schafften wir es irgendwie, Mundis Aufmerksamkeit zu zu fesseln, dass sich Lia währenddessen herausschleichen konnte.
Erst als es zu spät war, fiel Mundi die erneute Abwesenheit seiner Frau auf. Sichtlich unamüsiert beendete er daraufhin abrupt die Audienz und ging mit Bashere hinaus. Ralkarion wollte es sich aus irgendwelchen Gründen gemütlich machen, abzuhauen würde uns als mögliche Kollaborateure in ihrem Verschwinden verdächtig machen. Wie er darauf kam, war mir unklar - Mundi hatte die Audienz beendet, weiter dort herumzusitzen würde uns bestenfalls als Verächter seiner Autorität darstellen. Noch dazu hatte Krathus eine recht unbedachte Äußerung fallen gelassen. Zum entsprechenden Zeitpunkt hatte Mundi dem keine Beachtung geschenkt und vielleicht hatte er sie nicht einmal gehört. Doch sollte Mundi auf den Gedanken kommen, dass wir etwas mit Lias Verschwinden zu tun haben könnten, wollte ich mich nicht inmitten seiner Armee aufhalten. Eine Einstellung, die auch von Krathus und Garret geteilt wurde und so landeten wir eine Verwandlung in Meeresfrüchte später wieder in Sshistana und teilten Arina mit, dass unsere Bemühungen von Erfolg gekrönt gewesen waren. Wie selten wir das doch sagen durften. Da Harkis am nächsten Tag zurückerwartet wurde, beschlossen wir, einmal mehr über Nacht hier zu bleiben.
Zum ersten Mal seit Tagen ließ ich meine Anspannung fallen, doch dadurch ließ die Nähe zu Arina Gedanken aufkommen, die ich bisher verdrängt hatte. Ich war aufgebrochen, um die Welt zu sehen, dann war ich in diese Geschichte mit den roten Drachen hereingesogen worden. Bisher hatte ich gedacht, dass ich danach wieder nach Ravengrove zurückkehren würde, doch die Sache mit Arina und dem Blutfluch hatte eine Erkenntnis zutage gefördert, die ich rückblickend schon vor einem Jahrhundert hätte zulassen müssen, hätte ich mich nicht immer wieder mit neuen Ablenkungen diesbezüglich belogen: Ravengrove war schon lange nicht mehr mein Zuhause. Doch was war es dann? Was war es, wofür ich all das hier tat? Und wer wäre ich, wenn ich das hier lebend überstand? Auf all das fand ich keine Antwort. Ironisch. Zum ersten Mal in meinem Leben wusste ich relativ genau, wer ich war, doch hatte über diese Erkenntnis meine Heimat und mein Ziel verloren. Vielleicht hätten die anderen Antwort für mich… in dieser Hoffnung fragte ich sie, was sie eigentlich danach vorhätten. Krathus antwortete wie aus der Pistole geschossen, dass er weiter Reichtümer für seinen Hort anhäufen würde, die er den Rachwoodlern zugute kommen lassen würde, zu denen er eine starke Bindung verspürte. Garret hingegen hatte kleinere Pläne. Ihn plage das Heimweh, er würde zu seiner Familie zurückkehren und die Brauaerei weiterführen und mit all den gewonnenen Eindrücken neue, bessere Whsikeys erstellen. Ralkarion brauchte etwas länger, doch offenbarte schließlich, dass er darüber nachdächte, mit Razora die alte Taverne zu führen. Alles durchaus Pläne, die ich eigentlich als sinnfüllend und schön erachten müsste und es für meine Gefährten auch tat - doch mir persönlich führte es nur meine eigene Ziellosigkeit vor Augen, nichts davon erschien mir nach etwas, was ich mir vorstellen könnte. Ich wich der Gegenfrage erst aus, doch schließlich offenbarte ich meine Gedanken. Ralkarion bemühte sich, mir zu versichern, dass ich immer bei ihnen willkommen sei. Ich war ihm durchaus dankbar, doch spürte irgendwie, dass die Leben, die sie beschrieben, nicht meine Zukunft wären. Ich konnte mir plötzlich nicht mehr vorstellen, mich jemals irgendwo niederzulassen, weder an einem Ort noch mit einer Person. Doch gleichzeitig verspürte ich keine Sehnsucht danach, auf ewig umher zu ziehen. Es war verwirrend. Und so wischte ich die wohlmeinenden Äußerungen meiner Gefährten rüder als nötig beiseite. Ich war froh, dass sie so reagiert hatten, doch dies war offenbar etwas, wobei sie mir letztendlich nicht helfen konnten.
Am nächsten Morgen traf Harkis wieder in Sshistana ein und nahm die Informationen zur Kenntnis, wenngleich er nicht übermäßig begeistert wirkte, gleich wieder umkehren zu dürfen. Insgeheim fragte ich mich, ob er bei Ssai Sardak in Ungande gefallen war - erst die Äußerung Sunas, die deutlich machte, dass der Imperator Harkis etwas aus Misstrauen verheimlichte, nun die ständigen Botengänge, die jemandem in seiner Position eigentlich eher unwürdig waren. Das, gemeinsam mit der Zerstörung von Sshistana und dem damit verbundenen Rückschlag der Pläne der Yuan-Ti, ergaben ein gewisses Bild. Wie um meine Gedanken zu unterstützen, ließ er uns wissen, dass die Yuan-Ti ihren Teil der Abmachung einhalten und uns bei der Übernahme des Heart of Rage Nexus helfen würden - indem er allein uns unterstützte. Ob das nun ein Zeichen von Ehrerbietung war oder der Imperator einen unliebsam gewordenen Untergebenen loswerden wollte, vermochte ich nicht zu sagen.
Wir packten zusammen, alles schien erledigt. Dann jedoch bemerkte Arina etwas, was mich bis ins Mark erschütterte. Sie würde nicht mehr lange leben, da der Ort zerstört war. Ich ging bis dahin aus, dass sie mit ihrer Bindung an Sshistana das Land selbst gemeint hatte, doch tatsächlich war es die Einrichtung gewesen, die sie am Leben gehalten hatte. Wenn diese schnell genug wieder errichtet würde, gäbe es eine Chance, zu überleben, anderenfalls würde sie unweigerlich sterben. Ich kämpfte mit den Tränen - sowohl jenen aus Trauer, als auch auf Wut. Daran war dieser verdammte Blutfluch schuld, der auf Ravengrove lag. Und die verdammte Geheimniskrämerei der Elfen dort, die es Arina unmöglich gemacht hatte, sich davor zu schützen. Sollte Arina sterben, hätte dort jemand Fragen zu beantworten…
Doch der Schock und die Trauer wog schwerer und so umarmte ich Arina zum Abschied sehr viel länger und fester, als ich es vielleicht sonst getan hätte. Ich hoffte sehr, dass es kein Abschied für immer war, als wir Sshistana den Rücken kehrten. Kaum waren wir außer Hörweite, verkündete Ralkarion natürlich sofort, Arina retten zu wollen. Worte, die sich wie glühende Dolche in meine Brust bohrten. Natürlich wollte ich das auch, aber es gab Wichtigeres und wenn wir wegen jeder einzelnen Person, und war sie uns noch so wichtig, ständig alles andere hintenan stellen würden, opferten wir Logothil für unsere persönlichen Interessen. Wofür er natürlich nicht empfänglich war, genauso wenig wie ich für seine fast schon übliche Argumentationsweise, dass wir dann ja nicht besser als der Rote seien. Es war sinnlos, ihm beizubringen, dass ich keinen Wert darauf legte, „besser” als der Rote zu sein, solange meine Handlungen für Logothil ein besseres Ende versprachen. So wechselte Ralkarion die Argumentationsschiene und brachte vor, dass Arina mehr von Blutmagie verstand als alle anderen, die wir kannten und wir dieses Wissen gegen den Roten brauchen würden. Außerdem würde es unsere Allianz mit den Yuan-Ti stärken, wenn wir eine der Ihren retteten. Mir fielen sofort eine Million Gegenargumente ein - damit angefangen, dass er die Mentalität der Yuan-Ti offenbar noch immer nicht verstand und der Imperator Arina ganz offensichtlich nicht als eine der Ihren sah - Sunas Auftrag hatte beinhaltet, Harkis deshalb nichts zu sagen, weil er es „der Elfe” sagen könnte. Und Arina selbst hatte schon mehrmals selbst zu Protokoll gegeben, dass sie mehr die Effekte als die tatsächliche Wirkweise der Blutmagie verstand und diese nur aufgrund des gesammelten Wissens der Yuan-Ti behandeln konnte. Und das, wie man bei ihr selbst und Ralkarion sah, auch nicht ohne gravierende Nebenwirkungen. Auch war die Frage, inwiefern Arina überhaupt mit ihrer Existenz als Yuan-Ti zufrieden war, die noch dazu an einem Ort gefangen war - bisher hatte sie bestenfalls so gewirkt, als hätte sie sich damit abgefunden.
Doch ich WOLLTE ihm Recht geben. Ein Teil von mir beanspruchte das Recht für sich, egoistisch zu sein und das Schicksal einer Freundin über das eines Kontinents zu stellen. Und war nicht zumindest ein Funken Wahrheit in Ralkarions Worten? Harkis schätzte Arina und ihre Fähigkeiten offenbar hoch, warum sollte es anderen Yuan-Ti nicht ähnlich ergehen? Und war es für unsere Mission nicht ausreichend, die Effekte von Blutmagie einzugrenzen, statt sie wirklich zu verstehen? Ich dachte lieber nicht zu lange darüber nach, in welchem Maße ich mich gerade selbst belog.
Die Frage nach dem wie erwies sich jedoch als schwierig. Uns fiel im Augenblick nur die Magie der Nexi ein, doch Ralkarions Nexus hatte derzeit nicht annähernd ausreichend Energie, eine Kugel zu erschaffen und die anderen Nexi waren mehr oder weniger außerhalb unserer Kontrolle. Es war zum Verzweifeln… und in dieser Verzweiflung fiel mir ein, dass uns ein Nexuswächter erst kürzlich eine Allianz angeboten hatte. Ohne den anderen auch nur die Chance zur Reaktion zu geben, holte ich einen Spiegel aus meinem Gepäck und sprach Loganaars Namen dreimal hinein. Als darin ein Antlitz erschien, dass dem von Posetine erstaunlich ähnlich sah, hoffte ich sehr, uns nicht gerade dem Tod ausgeliefert zu haben…